Baumwollspinnerei Hartmann in Herbrechtingen: 200. Geburtstag Franz Eduard Hartmann
Am 6. Mai 1816 wurde Franz Eduard Hartmann als 14. Kind des Kommerzienrats Karl Ludwig Friedrich von Hartmann und seiner Gattin Christiane Dorothee geborene Heyd auf der Bleiche in Heidenheim geboren. Eduard Hartmann besuchte die Lateinschule in Heidenheim, machte im Königlichen Eisenwerk Wasseralfingen eine mechanische Lehre und studierte an der königlichen Gewerbeschule, dem späteren Polytechnikum und heutiger Universität Stuttgart. Nach seinem hervorragenden Abschluss arbeitete er zwei Jahre bei Mannhardt in München, später bei verschiedenen Baumvollspinnereien in der Schweiz, auch bei Weniger & Co. in St. Gallen und bei J. Burkhard-Ecklin in Basel. Erst im Dezember 1837 kehrte er nach Heidenheim zurück.
Eduard Hartmann besichtigte mehrmals renommierte Spinnereien im Elsass, in der Schweiz und in Augsburg, um Fortschritte im Textilwesen auch auf die große Firma Ludwig Hartmann’s Söhne zu übertragen. Er war als Textilwissenschaftler Mitinhaber der modernen Spinnerei Herbrechtingen in den Klostergebäuden, und war nach Heidenheim zur Bleiche seines Bruders Carl Hartmann (1799-1865) zur
Spinnerei seines Bruders Paul Hartmann (1812-1884) viel unterwegs, natürlich zu Fuß.
Von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart erhielt Eduard Hartmann mehrere Aufträge zu Forschungsreisen zur Verbesserung von Bleichverfahren. So reiste er 1846 und 1847 nach Westfalen, Belgien, Manchester/England, Irland, Schottland und Frankreich. Im Sommer 1851 weilte er mit Jakob und Louis Zoeppritz bei der ersten Weltausstellung in London. Kurze Zeit später schickte ihn die Königliche Zentralstelle wieder nach Irland mit dem Auftrag, einen Bleichmeister und einen Appreteur für die württembergische Industrie zu verpflichten.
Ab 1846 investierte die Spinnerei Herbrechtingen und beschäftigte mit der Zeit 160 Arbeiter/innen. Auch die obere Sägmühle wurde erworben.
Am 16. November 1848 heiratete Eduard Hartmann in Heidenheim Johanne Katharine Dorothea Roth, eine Tochter des Prälaten Dr. theol. Karl Ludwig von Roth und Elisabeth geborene Merkel. Das Paar hatte sieben Kinder. Drei Söhne waren in der Spinnerei tätig.
Im Februar 1874 brach ein Brand im Garnmagazin aus, der aber schnell gelöscht werden konnte (erster Brand).
„Am 28. August 1879 brach abends 6 Uhr im Herbrechtinger Spinnereigebäude ein Brand aus, der in kurzer Zeit den ansehnlichen Bau in Asche legte und auch das durch den breiten Garten davon getrennte Wohnhaus in Gefahr brachte.“ HB 1953 S. 153 (zweiter Brand)
Der Wiederaufbau gestaltete sich sehr schwierig. Die Brüder Eduard und Paul kamen deshalb überein, die große Firma Ludwig Hartmann’s Söhne aufzuteilen, zumal ihr ältester Bruder Carl schon gestorben war. Carls Erben betrieben ihren Teil als „Bleich- und Appreturanstalt Heidenheim“ und Paul die Spinnerei in
Heidenheim als „Firma Paul Hartmann“. Die Spinnerei Herbrechtingen firmierte aber weiter als Firma Ludwig Hartmann’s Söhne.
1885 brannte der mit neu eingerichteten Spinnmaschinen belegte Dachsaal ab. Die Löscharbeiten waren dieses Mal aber erfolgreicher (3. Brand). 1900 erlitt die Spinnerei einen vierten Brand. Nach Wiederaufbau und mehrerer Zukäufe bestand die Firma ab 1909 als Baumwollspinnerei Herbrechtingen GmbH bis 1931.
Im Juli 1890 starb Eduards Frau Johanne. Der plötzliche Tod seiner Frau nahm den Witwer sehr mit. Eduard Hartmann starb am 10. März 1894 in Herbrechtingen „nach einem sorgenvollen Leben“. HB 1953 S. 154
1933 wurde die Spinnerei von der C. Conrad Merz KG, Mössingen, erworben und wieder eröffnet.
Doris Eckle-Heinle
Quellen: Hartmannbuch 1953 S. 103, 151-154
Reiner Flik: Die Hartmann, Heidenheim in „Wege zum Erfolg“ 1996 Hrsg. Willi A. Boelcke
Werdegang der Baumwollspinnerei in Zahlen