Professor Dr. med. Dr. Paed. h. c. Reinhart Lempp wurde am 21. Oktober vor hundert Jahren geboren


Am 21. Oktober 1923 wurde Reinhart Gustaf Edward Lempp als Sohn von Professor Dipl.-Ing. und Architekt Rudolf Erich Lempp (1887 bis 1981) und Hedwig Luise Pauline geborene Hartmann (1887 bis 1967), staatl. gepr. Lehrerin für höhere Schulen, in Esslingen am Neckar geboren. Reinhart Lempp machte das Abitur 1942 in Stuttgart. Im Zweiten Weltkrieg wurde er schwer verletzt und verlor einen Arm. Danach war er Kriegsgefangener bis August 1945. Dann konnte er nur mit einem Arm in Tübingen und in Freiburg erfolgreich Medizin studieren mit Staatsexamen und Promotion 1951. Lempp machte Praxisvertretungen und die Pflichtassistentenzeit am pathologischen Institut des Katharinenhospitals in Stuttgart sowie an der inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses Ludwigsburg. Seine Facharztausbildung machte er ab Juli 1953 an der Universitätsnervenklinik Tübingen unter Professor Dr. Ernst Kretschmer (1888 bis 1964). Seit 1954 war Lempp an der Kinderstation der Klinik tätig. 1957 erhielt er die Facharztanerkennung für Nerven- und Geisteskrankheiten. 1963 erhielt er die Habilitation für Neurologie und Psychiatrie der Universitätsnervenklinik Tübingen. Dr. med. Reinhart Lempp baute die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Tübingen auf und wurde 1966 Ärztlicher Direktor der selbständigen wissenschaftlichen Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Klinikum der Universität Tübingen. 1968 wurde er außerplanmäßiger Professor und erhielt 1971 den dazugehörigen neuen Lehrstuhl an der Universität Tübingen. 1972 erhielt er den Zusatztitel in Psychotherapie. Besondere Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit waren: Organische Psychosyndrome Endogene Psychosen Frühkindlicher Autismus Gerichtliche Kinder- und Jugendpsychiatrie mit Modernisierung des Scheidungsrechts für das Kindeswohl Gemeinschaft aus Sozialwissenschaften und Psychiatrie Zahlreiche Publikationen, Monographien, Buchbeiträge und Lehrbücher. Weitere Tätigkeiten: Von 1967 bis 1974 war Reinhart LemppMitglied des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, von 1974 bis 1976 ihr Vorsitzender. Er war Korrespondierendes Mitglied der schweizerischen und österreichischen Fachgesellschaften und mehrere Jahre Vizepräsident der Union europienne de paedopsychiatrique. Seine Emeritierung war 1989. Bis zu seinem Tod am 20. Februar 2012 führte er eine Privatpraxis in Stuttgart und war als Gutachter tätig. 1997 wurde Reinhart Lempp Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie. 1998 erhielt der em. Professor Dr. med. Reinhart Lempp die Ehrendoktorwürde der pädagogischen Fachhochschule Ludwigsburg. Als besondere Ehrung wurde ihm 1995 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg verliehen. Professor Dr. med. Dr. Paed. h. c. Reinhart Lempp war nicht nur studierter Psychiater, sondern förderte aus seiner menschlichen Wärme heraus die Entwicklungsmöglichkeiten seiner Schützlinge und hatte Vertrauen in deren Fähigkeiten. Diese Grundhaltung kam in seinen zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten zum Ausdruck. Professor Dr. Dr. Reinhart Lempp orientierte sich an der Sache und hing gegenüber seinen Mitarbeitern nie den Professor heraus. Seine Verwandten nannten ihn voller Hochachtung “Reni” (Kosename für Reinhart). Sein bester Freund Vicco von Bülow (Loriot) drückte mit ihm die Schulbank im Stuttgarter Gymnasium. Loriot skizzierte einige populäre Bücher von Reinhart Lempp, die im Diogenes-Verlag erschienen sind. Reinhart Lempp hatte drei Brüder, die alle im zweiten Weltkrieg fielen: Rudolf Hartmann Lempp (1914 bis 1941), Wolfgang Eugen Otto Lempp (1916 bis 1941) und Hans Albrecht Lempp (1919 bis März 1945). Für den jungen Reinhart waren dies und sein Armverlust furchtbare Erlebnisse. Dadurch hatte er wohl schon 1979 das Buch verfasst “Extrembelastungen im Kindes- und Jugendalter”, das sich auch mit dem Holocaust beschäftigt. Seine ältere Schwester Waltrud (1911 bis 2001) war mit dem KirchenmusikerHelmut Bornefeld (1906 bis 1990) verheiratet. Das Paar lebte seit 1937 in Heidenheim, wo Helmut Bornefeld Kantor und Organist, Kirchenmusikdirektor, Orgelsachverständiger und Begründer der Heidenheimer Arbeitstage für neue Kirchenmusik war. Die Heidenheimer evangelische Pauluskirchengemeinde hatte den von den Nazis wegen “entarteter Kunst” diffamierten Musiker Helmut Bornefeld gerne aufgenommen. Auch diese Erlebnisse der Familie seiner Schwester machten den jungen “Reni” tief betroffen. Die Familie Bornefeld mit fünf Kindern lebte somit in der Heimat des mütterlichen Vorfahren Ludwig von Hartmann (1766 bis 1852), der in Heidenheim Industriepionier, Kommerzienrat und Politiker war. Reinhart Lempp heiratete 1950 Anne Margarete (Annegret) geborene Büchner (1926 bis 2018) und hatte mit ihr sechs Kinder. Reni war Mitglied im Familienverband Hartmann e. V. seit der Gründung 2002. Er war bei vielen Mitgliederversammlungen und schon vorher bei Hartmanntagen und -Stammtischen anwesend. Seine Treue, Herzensgüte, Hilfsbereitschaft und sein Humor sind vielen Verwandten und Freunde heute noch in bester Erinnerung. Das Foto zeigt Reinhart Lempp mit Verwandten und seiner Gattin 2002 an der Gründungsversammlung des Familienverbandes Hartmann e.V. in Stuttgart. Professor Dr. med. Dr. Paed. h. c. Reinhart Lempp starb am 20. Februar 2012 in Stuttgart und wurde in einem beachtlichen Trauerkreis auf dem dortigen Fangelsbachfriedhof bestattet. Der Familienverband Hartmann e. V. gedenkt dieses verständnisvollen und warmherzigen Mitglieds, Verwandten, und großartigen Kinder- und Jugendpsychiaters am 21. Oktober 2023 in seiner Geburtsstadt Esslingen am Neckar.

Doris Eckle-Heinle

Quellen:
Familienverband Hartmann e. V., Nachkommenliste von Ludwig von Hartmann, Heidenheimer Linie Hartmann bis 2014
Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2012: Leute
Stuttgarter Zeitung 24. 02. 2012: “Der Kinder- und Jugendpsychiater Reinhart Lempp ist tot, Rat für Kinder und deren Eltern. Der Stuttgarter Psychiater Reinhart Lempp hat einst eine ganze Fachrichtung begründet. Mit seinen Studien entfachte er immer wieder gesellschaftliche Debatten” von Reinmar du Bois
https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhart_Lempp



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