100. Geburtstag von Brigitte Heinrich
Brigitte Heinrich geborene Hartmann wurde vor 100 Jahren am 23. Februar 1923 geboren. Sie war die langjährige Landesvorsitzende und Ehrenvorsitzende des LandFrauenverbandes Württemberg-Baden e. V. Brigitte Gertrud Ingeborg Hartmann (ab 1950 verheiratete Heinrich) wurde am 23. Februar 1923 in Stuttgart-Hedelfingen als Tochter des Regierungsbaumeisters Ernst Ludwig Hartmann und seiner Gattin Gertrud geborene Dietz, eine Kunstgewerblerin, geboren. Brigitte hatte zwei Brüder, Jörg (1917 bis 1939) und Hans (1919 bis 1920). Zu ihrer jüngeren Schwester Gertrud verheiratete Kräner (1924 bis 2018) und deren Familie hatte sie zeitlebens eine sehr gute verwandtschaftliche Verbindung. Wenn sie in Stuttgart war, konnte sie in der Regel im Elternhaus bei ihrer Schwester übernachten. Nach dem Abitur 1941 musste Brigitte Hartmann, wie damals üblich, zum Reichsarbeitsdienst antreten. Nach einer Lehre in der ländlichen Hauswirtschaft und dem Besuch der Landfrauenschule in Blaubeuren 1948/49 absolvierte sie die Pädagogische Hochschule in Stuttgart mit dem Abschluss “Lehrerin der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde”. Am 18. November 1950 heiratete Brigitte Hartmann in Stuttgart den Landwirt Andreas Heinrich aus Suppingen (1922 bis 2011). Er war ab 1959 zusätzlich zu der schweren Arbeit als Landwirt in der Kommunalpolitik tätig. Natürlich hatte seine Frau dafür großes Verständnis. Dem Ehepaar wurden drei Töchter und zwei Söhne zwischen 1951 und 1960 geboren. Als Bäuerin und Mutter legte Brigitte Heinrich 1957 die Meisterprüfung ab und bildete bis 1975 insgesamt 34 Hauswirtschaftslehrlinge aus. Selbstverständlich wurde sie schon früh Mitglied bei den Landfrauen. Im Jahre 1967 gründete Brigitte Heinrich zusammen mit Helene Steckhan den BezirksLandFrauenverein Blaubeuren, um dort Weiterbildungsmöglichkeiten für die Frauen zu schaffen. Für ihre Aktivitäten und Ideen bekam Brigitte Heinrich positives Feedback, natürlich auch von ihrer Familie. Sie war als Vorsitzende für diesen Verein 27 Jahretätig. Zur Landesvorsitzenden des LandFrauenverbandes Württemberg-Baden wurde Brigitte Heinrich 1979 gewählt. Sie sagte später: \”Ich habe damals einen gut organisierten und strukturierten Verband mit wachsenden Mitgliederzahlen und wachsenden Aufgaben angetroffen. Die eigenständige soziale Sicherung der Bäuerin war ein Dauerbrenner während meiner Tätigkeit. Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis wir Erfolg hatten. Ich bin glücklich, dass ich die Realisierung unserer Forderungen noch mit gestalten und mit erleben konnte.” Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit wurde der LandFrauenverband als Träger der ländlichen Erwachsenenbildung anerkannt. Brigitte Heinrich führte daraufhin Leitthemen als Schwerpunkte in der Bildungsarbeit ein und stellte ein Jahr später die erste Bildungsreferentin des Verbandes an. Außerdem trieb sie 1984/85 die Gründung des Bildungs- und Sozialwerkes im LandFrauenverband Württemberg-Baden e. V. voran. Während ihrer Amtszeit rief sie die Arbeitsgemeinschaft der drei LandFrauenverbände ins Leben, um auf Landesebene gezielt die gemeinsamen Anliegen der Frauen im ländlichen Raum wahrzunehmen. Als Landesvorsitzende packte sie die politische Interessenvertretung verstärkt an, sowohl im Hinblick auf Gespräche mit Regierung und Parlament als auch durch Stellungnahmen zu aktuellen Themen. Sie intensivierte das sozialpolitische Engagement des Verbandes zur sozialen Sicherung der Bäuerin. Es zählt zu ihren Verdiensten, diese Forderungen hartnäckig vertreten zu haben. “Die eigenständige Rente für Bäuerinnen im Gesetz zu verankern, war eines meiner wichtigsten Ziele”, sagte Brigitte Heinrich später. Bei ihrem Rücktritt als Landesvorsitzende 1991 stand dieses Ziel vor der Realisierung. In ihrer zwölfjährigen Amtszeit verdoppelte sich die Zahl der Mitglieder auf nahezu 50.000. “Frau Heinrich”, wie sie immer genannt wurde, war bei den Landfrauen sehr beliebt und geachtet. In den Bezirks- und Ortsvereinen freute man sich sehr, wenn sie kam. Besonders gerne kam sie nachHeidenheim an der Brenz, weil dort zwei ihrer besten Freundinnen wohnten. Auch genealogisch hatte sie einen Bezug zu dieser Stadt: Ihr UrUr-Großvater, Kommerzienrat Ludwig von Hartmann (1766 bis 1852), war Landtagsabgeordneter von 1826 bis 1830 und 1818 der Begründer der heutigen Weltfirma Paul Hartmann AG in Heidenheim. Aus Dankbarkeit für ihre Leistungen, wurde Brigitte Heinrich 1991 zur Ehrenvorsitzenden des LandFrauenverbandes Württemberg-Baden e. V. ernannt. Sie war aber nach ihrer aktiven Zeit nicht untätig. Brigitte Heinrich sammelte bei ihrer Schwiegermutter und vielen anderen Frauen Traditionsrezepte aus Württemberg und erinnerte sich bei abendlichen Gesprächen mit ihrem Mann an seine Kindheit und Jugendzeit. Sie gab diese Rezepte und Erinnerungen beim Verlag “Ulmer” als Kochbuch heraus mit Farbfotos von Erich Kuch unter dem Titel: “Landfrauen kochen”. In ihrem Vorwort schreibt Brigitte Heinrich: “Die Frage nach einer ausgewogenen und vollwertigen Ernährung ist heute in aller Munde, und niemand bestreitet deren Bedeutung für unsere Gesundheit.(…..) Aber wer denkt nicht gelegentlich mit Wehmut oder Ehrfurcht an die alten Zeiten, (…..) und es kann leicht sein, dass im Rahmen der allgemeinen Nostalgiewelle hier Vorstellungen entstehen, die so nicht zutreffen. Deshalb ist dieses Büchlein entstanden, denn auch Rezepte sind ein Kulturgut, das man erhalten sollte. Es ist wichtig, sich zu erinnern und das Wissen um Althergebrachtes vor dem Vergessen zu bewahren. (…..) Manches habe ich in den fünfziger Jahren noch selbst erlebt. (…..) Ich bedanke mich bei allen, die mir bei der Zusammenstellung des Einführungskapitels über Kochen und Essen vor fünfzig Jahren geholfen haben. Im Frühjahr 1995 Brigitte Heinrich.” Das Kochbuch erfuhr seither eine optische Modernisierung des Covers in mehreren Auflagen. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Ulmer in Stuttgart ist hier die erste Auflage mit einer Widmung von Brigitte Heinrich zu sehen. Brigitte und ihr Ehemann Andreas Heinrichkonnten ihren Ruhestand auf dem Bauernhof in Suppingen verbringen, der an die nächste Generation übergeben worden war. Dort wurden beide gut versorgt. Bei ihrem 90. Geburtstag war Brigitte Heinrich schon gesundheitlich angeschlagen, so dass dieser Tag ohne größere Feier begangen wurde. Am 5. Juli 2013 starb Brigitte Heinrich in Laichingen. In der Pressmitteilung des Landes Baden-Württemberg, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 19. 07. 2013 ist zu lesen: Minister Alexander Bonde: “Landfrauenverband Württemberg-Baden e. V. verliert mit Ehrenpräsidentin Brigitte Heinrich eine außergewöhnliche Persönlichkeit” “Der Landfrauenverband Württemberg-Baden e. V. verliert mit seiner Ehrenpräsidentin Brigitte Heinrich eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die sich in herausragender Weise für die Belange der Menschen im Ländlichen Raum, insbesondere der Frauen, eingesetzt hat”, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde am Freitag ( 19. Juli) in Stuttgart. Brigitte Heinrich sei stets eine Vordenkerin gewesen, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Menschen im Ländlichen Raum frühzeitig erkannte und durch Beispiel gebende Initiativen und Projekte positiv beeinflusste. “Mit ihrer Weitsicht und ihrem großen ehrenamtlichen Engagement hat Brigitte Heinrich entscheidend dazu beigetragen, dass sich der Landfrauenverband Württemberg-Baden e. V. mit seinen über 55.000 Mitgliedern zur größten Frauenorganisation und mit seinem Bildungs- und Sozialwerk zu einem der bedeutendsten Weiterbildungsträger im Ländlichen Raum in Baden-Württemberg entwickelte. Das Land Baden-Württemberg wird Brigitte Heinrich ein ehrendes Andenken bewahren”, sagte Bonde. Auch der Familienverband Hartmann e. V. möchte Brigitte Heinrich geborene Hartmann auf seiner Internetseite ein gebührendes Denkmal setzen und auf diese Weise ein liebevolles und ehrendes Gedenken an sie bewahren. Sie war mit ihrem Mann Mitgliedseit der Gründung des Vereins Familienverband Hartmann und ist wie viele Menschen ihrer Vorfahren eine großartige Persönlichkeit.
Doris Eckle-Heinle
Quellen: Familienverband Hartmann e. V., Hartmann-Familienarchiv LandFrauenverband Württemberg-Baden e. V., eigene Erlebnisse als Landfrau und Verwandte