175. Geburtstag von Kommerzienrat Albert Hartmann (30. Okt.1846 bis 20. Dez. 1909)

(Enkel des Ludwig von Hartmann und Christiane Dorothea geb. Heyd)

Ingenieur, Fabrikant, Kommerzienrat
Mitglied der ev. Landessynode und ev. Kirchengemeinderat
War politisch aktiv in „Deutsche Partei“ (Deutsche Volkspartei, linksliberal, https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Volkspartei_(Deutsches_Kaiserreich))

Auszüge aus “Der Schwäbische Merkur” vom 22. Dez. 1909 aus Heidenheim:
“Albert Hartmann war einer der ersten und besten Bürger unserer Stadt, weithin geachtet und geschätzt, einfach und anspruchslos, heiter und ritterlich, ein Mann von nie rastendem, eisernem Fleiss, freundlich gegen sein Personal, von offenem und opferwilligem Sinn für alles Gute, Edle und Christliche, ein Mann, der für das Gemeinwohl der Stadt, für Kirche und Schule sowie für allerlei nützliche und wohltätige Einrichtungen und Vereinigungen außerordentlich viel getan hat….”

Albert Maximilian Hartmann, zweiter Sohn von Paul Hartmann sen. und seiner Gattin Friederike geborene Troeltsch, wurde am 30. Oktober 1846 in Heidenheim geboren. Er ging nach seiner Heidenheimer Schulzeit auf die polytechnische Schule in Stuttgart (heute Uni Stuttgart) von 1862 bis 1865 und danach bis 1866 auf die polytechnische Schule in Dresden. Um seine praktische Ausbildung zu vervollständigen, arbeitete er bei J. M. Voith als Volontär. Nachdem die “Scheckenbleiche” am 12. März 1867 von Herrn Meebold durch Paul Hartmann sen. käuflich übernommen war, brach er sein Volontariat ab und half seinem Vater und seinem Bruder Paul jun., diese neue Färberei einzurichten. Im Herbst 1868 ging er ans Polytechnikum Hannover, um chemische und mechanische Technologie zu studieren. Mit seinem Bruder Paul machte er noch eine Studienreise nach Manchester zu den dortigen Spinnereien, Webereien, Färbereien und Maschinenfabriken. 1869 kam Albert Hartmann nach Heidenheim zurück und widmete sich fortan mit seinem Bruder Paul jun. ganz dem väterlichen Geschäft als Ingenieur. Sein Bruder Paul starb im Januar 1899, der Bruder Dr. Oskar im Juni 1900. Nur sein Bruder Professor Dr. Arthur Hartmann, der später auch Aufsichtsratsvorsitzender der Paul Hartmann AG war, überlebte alle Brüder und starb im August 1931 in Heidenheim.

Die Brüder Hartmann hatten in Heidenheim auch die ersten Ski. Im Ugental stand die sogenannte „Hartmannschanze“. Albert liebte das Bergsteigen und war auch sonst sehr sportlich und umgänglich, fast gesellig. Er muss eine unwahrscheinliche Ausstrahlung gehabt haben.

Herr Dr. Ing. Dr. phil. Hermann Schweickert beschreibt in seiner Arbeit “Die Brenzgruppe Heidenheim des Württembergischen Ingenieurvereins im Verein Deutscher Ingenieure” auszugsweise:
“Am 12. Mai 1856 war der Verein Deutscher Ingenieure ….. bei Halberstadt ins Leben gerufen worden. Einundzwanzig Jahre später traten vierzehn in Württemberg wohnende Mitglieder dieses Vereins zusammen, darunter der Heidenheimer Fabrikant Albert Hartmann, um einen württembergischen Ingenieurverein zu gründen. Er sollte als Bezirksverein dem Verein Deutscher Ingenieure angegliedert werden. …. Man lud zur Gründungsversammlung dieses Württembergischen Bezirksvereins am 22. Juli 1877 nach Stuttgart ein. …. Als Miteinladender hatte Albert Hartmann natürlich ebenfalls an der Versammlung teilgenommen. Er war damit der erste Fabrikant, der den Heidenheimer Raum in dem neuen Verein vertrat. ….. Bis zur ersten Vereinsversammlung am 6. August 1877 hatten sich bereits siebzig Mitglieder angemeldet. Man beschloss, alle als gleichberechtigte Mitgründer zu betrachten. Unter ihnen war außer Albert Hartmann auch Friedrich Voith. Zum 1. Vorsitzenden wurde Carl Teichmann, Stuttgart, gewählt, sein Stellvertreter war Ferdinand Decker, Cannstatt. Als “sonstige Vorstandsmitglieder” fungierten u. a. (aus unserer Gegend) Albert Hartmann bis 1883 und Hermann Reusch, Wasseralfingen, bis 1881. 1883 wurde Friedrich Voith hinzugewählt.”

Albert Hartmann war außerdem Mitglied der Zentralleitung für Wohltätigkeit in Württemberg. Diese Zentralleitung hatte ab 1819 August von Hartmann, Bruder seines Großvaters Ludwig von Hartmann, inne:
https://de.wikipedia.org/wiki/August_von_Hartmann_(Staatsrat)

Außerdem war Albert Hartmann auch Vorstand des Turnvereins Heidenheim, heute HSB, von Januar 1880 bis Januar 1891. (Quelle: HSB Chronik von Günther Paas S. 206 ff.) In seine Amtszeit fiel die Gründung eines Turnhallenfonds für die erste Turnhalle in Heidenheim und deren Bau. Auch die Mitgliederzahl stieg während seiner Amtszeit ständig an.
Albert Hartmann war Ehrenmitglied verschiedener Heidenheimer Vereine, wahrscheinlich auch im Sängerclub Heidenheim. A. Hartmann wurde 1891 der Ehrentitel “Kommerzienrat” verliehen, auf der Königin Geburtstag, wie Meck schreibt.
Laut Meck Bd. 2, Seite 241 war er Gründungsmitglied des Altertumsvereins, heute Heimat und Altertumsverein, am 1. Juni 1901 und wurde gleich zum Vorstand gewählt zusammen mit Professor Eugen Gaus. Hartmann blieb dort Vorstand bis zu seinem Tode 1909. Über 30 Jahre war A. Hartmann Vorsitzender der Deutschen Partei.
Laut Meck Bd. 2, Seite 250 spendete Albert Hartmann anno 1903 5.000 Mark zum Bau des Volksbades, deshalb sind wir heute hier. Natürlich spendeten auch viele andere namhafte Heidenheimer beachtliche Summen, darunter auch Friedrich Voith (1840 bis 1913), der in erster Ehe mit Adelheid Hartmann (1847 bis 1868) verheiratet war, einer direkten Cousine von Albert Hartmann und Schwester von Theodor Hartmann.
Gerhard Schweier schreibt in “Namhafte Heidenheimer, Band I”, hier auszugsweise wiedergegeben:
“Auch im Dienste der Allgemeinheit tat Albert Hartmann sein bestes und verschloss sich nicht den öffentlichen Aufgaben…. So war er Vorsitzender des Gewerbe- und Handelsschulrats, war Mitglied des Kirchengemeinderats und der Landessynode und der Baukommission für die Pauluskirche. Er stiftete (mit seinen Brüdern) eines der drei großen Chorfenster”.
Der direkte Cousin Theodor Hartmann (1846 bis 1917) von Albert Hartmann stiftete ein großes Fenster in der Taufkapelle.
Schweier weiter: An dem Aufstieg der Firma Paul Hartmann war Albert Hartmann maßgeblich beteiligt. Nach Beginn der Herstellung von antiseptischen Wundverbänden wurden Zweigfabriken errichtet. Nach dem Brand der Spinnerei 1880 entstand unter seiner Leitung der erste Beton-Neubau in Württemberg.
Schweier beschreibt auch noch, dass 1909 der Stuttgarter Maler Adolf Senglaub das große Wandbild im Rathaussaal gemalt hat (im heutigen Elmar-Doch-Haus) das den Zug Herzog Ulrichs zum Schloss Hellenstein darstellt. Das Bild wurde insbesondere aus dem Überschuss des Kreisturnfestes finanziert. Der Künstler malte Albert Hartmann aus Dankbarkeit mit seinem wallenden Vollbart als einen der Männer im Gefolge Herzog Ulrichs in das Bild.
Albert Hartmann war auch Mitglied der Studentenverbindung Ghibellinia und hieß dort “Windspiel”, Otto Hartmann, Sohn von Pfarrer Johann Georg Hartmann und Julie geb. Maisch, später Architekt in Stuttgart, hieß dort “Märte”, und Theodor Hartmann, Sohn von Carl Hartmann und Caroline geb. Maisch, Fabrikant (Bleiche) und später amtlicher Güterbeförderer in Heidenheim, hieß dort “Fässle”.

Weitere Auszüge aus “Der Schwäbische Merkur” vom 22. Dez. 1909:
“Ein fast unübersehbarer Leichenzug bewegte sich heute nachmittag durch unsere Stadt. Galt es doch, dem im 63. Lebensjahr nach kurzem, schweren Leiden verschiedenen Kommerzienrat Albert Hartmann, Seniorchef der Firma Paul Hartmann, die letzte Ehre zu erweisen. Der Sängerklub sang vor dem Trauerhaus und am Grabe erhebende Trauergesänge. Eine große Menge von Blumenspenden bewies außerdem, welcher Hochachtung und Wertschätzung sich der Verblichene zuerfreuen hatte….”
Es werden dann alle Honoratioren unter den Trauernden aufgezählt, darunter auch der Präsident der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Staatsrat von Mosthof und Oberregierungsrat von Falch von der Zentralleitung für Wohltätigkeit, das gesamte Personal der Verbandstofffabrik Paul Hartmann und Leiter der auswärtigen Filialen, Industrielle und Beamte, die Deutsche Partei und mehrere Vereine…
“Sein Tod bedeutet nicht nur für die Familie und das Geschäft einen schweren Verlust, insbesondere einen harten Schlag für die Deutsche Partei hier, die er über 50 Jahre lang als tüchtiger und opferwilliger Vorstand trefflich geleitet hat. Im politischen Kampf trat er stets vornehm und sachlich auf, so dass er auch dem Gegner Achtung einflößte…. Zahlreiche Kränze wurden am Grabe niedergelegt auch namens der Stadt von Oberbürgermeister Jaeckle, namens des Altertumsvereins von Professor Gaus und von den alten Burschen der Studentenverbindung Ghibellinia Stuttgart…. DasAndenken des Kommerzienrates Albert Hartmann wird überall ein gesegnetes bleiben.” schreibt das Blatt als Schluss.

Albert Hartmann war mit Emmy Weidenbusch (1849 bis 1927) verheiratet. Dem Paar wurden drei Söhne und zwei Töchter geboren. Die Tochter Elsa (1872 bis 1929) war mit Dr. Ing. Arthur Metzger, Direktor der WCM, verheiratet. Sohn Dr. med. Edgar Hartmann (1873 bis 1943) war Ohrenarzt, auch in Straßburg und Berlin. Die Söhne Armin (1875 bis 1959) und Manfred (1881 bis 1962) arbeiteten als Ingenieur und Betriebsführer und waren Vorstandsmitglieder bei der Firma Paul Hartmann AG. Das Töchterchen Cornelie (1878 bis 1882) starb mit knapp vier Jahren.
Laut Sigrid Freifrau von Paleske geborene Hartmann, eine Enkelin von Albert Hartmann, war ihr Großvater Albert in seinem Großmut und Großzügigkeit Bürge eines Verwandten, der bei Reichenhall die Zementfabrik Leopoldstal besaß und in Schwierigkeiten geriet. Der Verwandte glaubte, dass er seine Fabrik sanieren kann, was aber nicht der Fall war. So verlor Albert Hartmann einen großen Teil seines Vermögens (auch nachzulesen in “Wege zum Erfolg”, DRW-Verlag, Seite 72). Dies war der Anlass, bereits 1912 eine Aktiengesellschaft mit guten Freunden der Familie zu gründen. Deshalb heißt die Firma heute Paul Hartmann AG.

Albert Hartmann starb am 20. Dezember 1909 nach kurzer schwerer Krankheit.

Doris Eckle-Heinle

vorgetragen bereits am 31. Juli 2021 zum Gedenken an Albert Hartmann anlässlichseines 175. Geburtstages am 30. Oktober 1846.

Am 30. August gedachten wir in der Michaels- und Pauluskirche zudem auch Theodor Hartmann sowie dem Industriepionier Ludwig von Hartmann und seiner Gattin Christiane Dorothea geb. Heyd und allen Stifterinnen und Stiftern. Christiane Dorothea hat in ihrer Vorfahrenliste auch nahe Verwandte von Mag. Theophil Seeger von Tübingen und Mag. Johann David Schmidlin von Sindelfingen, die Pfarrer bzw. Dekane von 1691 bis 1699 und 1699 bis 1704 in Heidenheim waren.
Im Buch “Die Pauluskirche in Heidenheim” wird auf Seite 29 beschrieben, dass die Geschäfte des Baus dem Verwaltungsausschuss mit Dekan Landenberger, Stadtschultheiß Schlagentweith, Stadtpfarrer Mosapp, Kommerzienrat Albert Hartmann und Kirchenpfleger Meebold oblag. Die Bauleitung hatte der Oberbaurat, dann Hofbaudirektor von Berner; Bauführer waren die Werkmeister Scheuenstuhl und ab Juni 1897 Wilhelm Kaiser. Die acht Namen sind auf dem Tympanon derTurmvorhalle genannt. Außerdem ist ab Seite 15 ff zu lesen, dass ab 1866 von Dekan Wilhelm Barth ein Kirchenbaufonds eingerichtet worden ist. Der 1884 verstorbene Arzt Dr. Christian Meebold vermachte der Gemeinde einen großen Abschnitt seines Anwesens in der Stadt als Bauplatz für die Kirche. Den vorderen Teil bestimmte er zu Errichtung eines Frauenstiftes, das nach seiner Frau Karoline benannt werden sollte, den mittleren Teil für die Kirche und den hinteren Teil für eine Kleinkinderschule und ein Vereinshaus, das spätere christliche Hospiz (jetzt Paulusgemeindehaus). Durch ein Gesetz des Königs von Württemberg 1887 erhielten die evangelischen Kirchengemeinden erstmals das Recht, einen Kirchengemeinderat zu bestimmen. Diesem Gremium oblag nun die Aufgabe der Finanzierung und Planung. Die Beziehung zwischen Kirchengemeinde und kommunaler Verwaltung scheinen in Heidenheim gut gewesen zu sein. Die Kommune konnte aber zur Finanzierung nur wenig beitragen. Eine Heidenheimer Kirchenbaulotterie wurde ins Leben gerufen und ein Kirchenkonzert durchgeführt. Zum Kirchenbaufonds konnten verschiedene Beiträge eingezahlt werden, so auch Halbjahresbeiträge von “Kommerzienrat A. Hartmann, Fabrikant P. Hartmann und Dr. Hartmann in Mailand” zu je 50 Mark (ersichtlich auf Seite 18). Dank größerer Spenden konnte die Kirche reicher ausgestattet werden, die von vielen Heidenheimer Bürgern kamen und natürlich auch von den vier Söhnen des Ehepaares Paul Hartmann und Friederike geb. Tröltsch (ein gemaltes Chorfenster Abb. S. 46) und der Familie Theodor Hartmann (ein Sakristei-Fenster). Der Bau war im Herbst 1898 vollendet und wurde am 18. Dezember eingeweiht, und zwar am vierten Adventssonntag mit einem Abschiedsgottesdienst in der Michaelskirche um 9 Uhr, dann Festzug zur Pauluskirche und Festgottesdienst, beginnend mit Händels “Hallelujah” aus dem “Messias”, danach ein Festmahl für hundert Gäste und um 17 Uhr einen Abendgottesdienst in Form eines Konzerts mit Chormusik, Gemeinde- und Sologesang zwischen den Schriftlesungen.

Quellen:
Hartmannbuch 1953 im Hartmann-Familienarchiv beim Wirtschaftsarchiv im Schloss Hohenheim
“Die Hartmänner der Ghibellinia” im Hartmann-Familienarchiv
Karl Kaspar Meck: “Heidenheim nebst Hellenstein Band 2”
Gerhard Schweier: “Namhafte Heidenheimer Band 1”
Die Michaelskirche in Heidenheim
Die Pauluskirche in Heidenheim
Hermann Schweickert: “Die Brenzgruppe Heidenheim des Württembergischen Ingenieurvereins im Verein Deutscher Ingenieure”
Günther Paas: “HSB Chronik”



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