Montag, 01 Januar 2024 14:07

Professor Dr. med. Arthur Hartmann (1. Jan. 1849 bis 28. Aug. 1931)

Arthur Wilhelm Hartmann wurde am 1. Januar 1849 als dritter Sohn von Textilfabrikant Paul Hartmann (1812 bis 1884) und seiner Gattin Friederike geborene Troeltsch (1822 bis 1893) in Heidenheim geboren. Er besuchte die Lateinschule (heutiges Hellensteingymnasium), später die Oberrealschule in Stuttgart und dann das dortige Polytechnikum (heutige Universität). Von Herbst 1867 bis zum Ausbruch des Krieges 1870/71 studierte er in Tübingen Medizin. Als Unterarzt nahm er an diesem Krieg teil.
Hier erkannte er den Mangel an geeignetem Verbandsmaterial und ermunterte seinen Vater, sich diesem neuen Textilstoff anzunehmen. Er studierte danach weiter in Freiburg und Leipzig. Dort studierte auch sein Bruder Oskar Hartmann (1851 bis 1900) Chemie und Dr. med. Arthur Hartmann machte dort das Staatsexamen und erhielt die Approbation als Arzt.

In den folgenden Jahren reiste er auch nach Wien, wo er sich dem Studium der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde widmete. 1876 ließ er sich mit einer HNO-Praxis in Berlin nieder.
Durch seine Fähigkeiten und reiches Fachwissen auf seinem Spezialgebiet der Ohrenkrankheiten gründete er eine Poliklinik. An dieser Klinik unterrichtete er Ärzte, die auch aus dem Ausland kamen. 1892 erhielt er den Titel Sanitätsrat und 1898 wurde er zum Geheimen Sanitätsrat ernannt. Er wurde im selben Jahr Mitglied der Berliner Schuldeputation und erwarb sich große Verdienste im Ausbau des Schulärztewesens. Seine Fürsorge galt besonders den schwerhörigen Kindern und förderte eine Schule für schwerhörige Kinder in Berlin. 1902 erhielt er den Titel Professor.

Als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Berlin von 1903 bis 1905 förderte Professor Dr. Arthur Hartmann die Säuglingsfürsorge. Durch sein Engagement ernannte ihn der Kaiser zum Mitglied des ärztlichen Ehrengerichtshofs von 1905 bis 1911. Von 1906 bis 1911 war er Chefarzt der HNO-Abteilung am Rudolf-Virchow-Krankenhaus.
Außerdem war Dr. Hartmann Gutachter für das preußische Kultusministerium und beteiligte sich am deutschen Ärztetag. Auch erhielt er den Adler-Orden.

Trotz seiner vielen Arbeit fand er noch Zeit, Vorlesungen zu halten und sich wissenschaftlichen Studien samt deren Niederschriften zu widmen. Einige seiner Arbeiten sind:

„Experimentelle Studien über die Function der Eustachischen Röhre“ (Leipzig 1879)

„Taubstummheit und Taubstummenbildung. Nach vorhandenen Quellen, sowie nach eigenen Beobachtungen und Erfahrungen bearbeitet. Mit 19 Tabellen“ (Stuttgart 1880) Die Arbeit wurde in drei Fremdsprachen übersetzt.

„Die Krankheiten des Ohres und deren Behandlung“ (Kassel 1881, 6. Auflage Berlin (1897) wurde ebenfalls in drei Fremdsprachen übersetzt.

„Typen der verschiedenen Formen von Schwerhörigkeit, graphisch dargestellt nach den Resultaten der Hörprüfung mit Stimmgabeln verschiedener Tonhöhe. Nebst einer Tafel für die Hörprüfung“ (Berlin 1886)

„Reform des medic. Unterrichtes. Gesammelte Abhandlungen“ (1894)

„Die Anatomie der Stirnhöhle und der vorderen Siebbeinzellen. Atlas“ (Wiesbaden 1900)

„Lehr- und Lernbuch für Schwerhörige zum Ablesen vom Munde“

Außerdem erschienen von Prof. Dr. med. Arthur Hartmann viele Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften. Zusammen mit Knapp, Körner und Urban Pritchard war er Herausgeber der in deutscher und in englischer Sprache erschienenen Zeitschrift für Ohrenheilkunde. Auch  entwickelte er viele medizinische Instrumente zur Behandlung und Diagnostik von Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, die seinen Namen trugen bzw. noch tragen.

1911 verließ der Professor nach 35-jähriger Tätigkeit Berlin und kehrte in seine Heimatstadt Heidenheim zurück. Dort hatte er sich schon ein Sommerhaus erbauen lassen, die Villa Anna (Vorname seiner Frau), wo er mit seiner Familie regelmäßig die Sommerurlaube verbrachte. Nun lebten er und seine Familie ganz in Heidenheim. In seinem Ruhestand widmete er sich der Schaffung einer Uhlandsammlung in Tübingen, da er ein großer Verehrer dieses Dichters war. Er gab auch ein Volksbuch über diesen Dichter heraus.

In Heidenheim übernahm er die Leitung des Verschönerungsvereins, gründete einen Verein gegen den Missbrauch geistiger Getränke und war Mitbegründer eines alkoholfreien Speisehauses. Er war ein großer Verfechter von Naturkost und kreierte des Hartmannbrot. Auch schrieb er das Buch „Rohkost und fleischlose Ernährung“ 1928, das heute wieder hochaktuell ist.

Der Familienverband Hartmann e. V. konnte das Brotrezept des Professors wieder ausfindig machen und auf seiner Internetseite www.familienverband-hartmann.de zum Selberbacken veröffentlichen. Die Kunstmühle Benz in Heidenheim-Aufhausen nimmt den 175. Geburtstag von Professor Dr. med. Arthur Hartmann zum Anlass, eine Backmischung zum „Hartmannbrot“ herzustellen.

Die Arthur-Hartmann-Sprachheilschule in Heidenheim trägt den Namen dieses bedeutenden Professors. Diese Schule kann 2024 ihr 50jähriges Bestehen feiern. Von 1912 bis zu seinem Tode 1931 war Professor Dr. med. Arthur Hartmann Aufsichtsratsvorsitzender der Paul Hartmann AG. Im Krieg 1914 bis 1918 war er zwei Jahre Chefarzt im Reservelazarett Elisabethenberg.

Bereits 1969 veröffentlichte der Heidenheimer HNO-Chefarzt Professor Dr. Thullen in der Zeitschrift für Laryngologie, Rhinologie und Otologie einen Artikel über seinen berühmten Kollegen. Auch in der Heidenheimer Zeitung erschien von Professor Dr. Thullen in dieser Zeit eine ganze Seite über Professor Dr. Arthur Hartmann.

Arthur Hartmann heiratete 1881 in Berlin die Fabrikantentochter Johanna Blankertz (1860 bis 1940) und hatte mit ihr vier Kinder. Ein Sohn starb leider schon im Kleinkindalter.

Zusammen mit seinen Brüdern Paul jun. (1845 bis 1899), Albert (1846 bis 1909) und Dr. Oskar Hartmann (1851 bis 1900) stiftete er 1898 für die neu erbaute Pauluskirche in Heidenheim ein gemaltes Chorfenster.

Hartmanns 80. Geburtstag 1929 war ein großes Fest, bei dem viele Verwandte, Freunde und Honoratioren eingeladen waren. Am 28. August 1931 starb der hochgeachtete und stets gern gesehene und beliebte Professor in Heidenheim.

Doris Eckle-Heinle


Quellen:

Familienverband Hartmann e. V.: Hartmann-Familienarchiv

Hartmannbuch 1953 und Nachkommenliste von Ludwig von Hartmann (1766 – 1852), 2014

Wolf und Christian W. Lübbers: Vom Ohrentrichter zum Reformbrot – ein bemerkenswerter Professor

Die Pauluskirche in Heidenheim 1990